Undinischer Winkel

1997

John Cage / Claude Debussy
Hebbel-Theater Berlin
Idee: Regina Baumgart und Claudia Doderer
Choreographie: Regina Baumgart
Bühne und Kostüme: Claudia Doderer
Licht: Andreas Fuchs
Musikalische Leitung: Daniel Seel
Uraufführung: 21. Januar 1997

Undinischer Winkel
Zwei Tanzstücke
John Cage Four Walls
Claude Debussy Children’s Corner

Der Undinische Winkel ist bei Marina Zwetajewa (Mutter und die Musik, Franfurt/M. 1987) Metapher für jenen verborgenen Ort auf dem Grund ihres Herzens, aus dem die Erinnerungen, die vergangenen Gefühle und Bilder der Kindheit aufsteigen. Bei uns erhält er, wie im weiteren zu sehen ist, noch zusätzlich die Bedeutung des abstrakten, geometrischen Raumverhältnisses sowie der konkreten, räumlichen “Ecke”.

Aus dem lang gehegten Wunsch, dem Thema Kindheit in der Kunst nachzuspüren, entstand die Idee für diesen Abend.

Uns hat die Frage beschäftigt, wie sich der zwangsläufig autobiographische Aspekt dieser Thematik auf unsere jeweilige, weitgehend abstrakte künstlerische Arbeit auswirken würde und umgekehrt, d.h. welche der Kindheit entlehnten Inspirationsquellen finden sich in von uns gefundender Abstraktion. Obwohl wir kein ausgesprochenes Stück für Kinder gemacht haben, ist dieser Abend der Kindheit gewidmet, und ein für uns äußerst wünschenswertes Experiment wäre, diese Stücke auch Kindern zu zeigen.

Regina Baumgart und Claudia Doderer

 

Four Walls

Als John Cage 1944 die Tanzmusik Four Walls für Merce Cunningham schrieb, befand er sich in einer Phase persönlicher und künstlerischer Umbrüche. Angeregt durch sein in dieser Zeit beginnendes Studium des Zen-Buddhismus räumte er in dieser Komposition der Stille erstmals den gleichen Stellenwert ein wie dem Erklingenden. Das nur auf der weißen Klaviertastatur zu spielende Stück stellt in Cages Schaffen den einzigartigen Fall einer Konfrontation mit unmittelbar geäußerter Emotion dar, die Offenbarung einer Persönlichkeit, die Cage mit diesem Stück zu überwinden suchte.

Children’s Corner

Debussy schrieb die Klaviersuite Children’s Corner zwischen 1906 und 1908 und widmete sie seiner beim Erscheinen des Werkes dreijährigen Tocher Chou Chou: “Avec les tendres excuses de son pére pour ce qui va suivre.”

 

Auszüge aus dem Programmheft, Hebbel-Theater Berlin, 1997

 

zurück